Kreisverband Frankfurt
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Grußwort von Rosemarie Heilig, Stadträtin, Dezernentin für Umwelt und Frauen

zur Auszeichnung des BUND Projekts "Jede Blüte zählt" als offizielles Projekt der UN Dekade Biologische Vielfalt 2020

Lieber Herr Dippell,

ich freue mich seit Wochen auf diesen Termin und bin erleichtert, dass er trotz Corona-Auflagen in kleinem Rahmen stattfinden kann. Überall in Frankfurt stehen die Wildblumenwiesen gerade in schönster Blüte, überall summt und flattert es.

Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, findet Wildblumenwiesen heute fast an jeder Ecke: auf Verkehrsinseln und am Straßenrand, in Parks, auf Friedhöfen, neuerdings auch vor dem noch im Bau befindlichen Schmetterlings- und Blütenhaus im Palmengarten. Die sympathische Hummel-Pin steht für einen Paradigmenwechsel bei der Pflege des Stadtgrüns. Im Rahmen des bundesweiten Projekts „Stadtgrün naturnah“ lässt das Grünflächenamt auf fast 400 Hektar Wildblumen und Stauden erblühen. Die Frankfurter*innen ziehen begeistert mit und beschweren sich inzwischen schon, wenn eine Wiese mal gemäht wird.

Dass es so weit kommen konnte, verdanken wir der Pionierleistung und der Ausdauer des BUND Frankfurt, namentlich Herrn Dippell. Sie legten bereits 1999 auf dem Grünstreifen an der Mörfelder Landstraße/Stresemannallee die erste Wildblumenwiese an - damals noch ein ganz ungewohnter Anblick in Frankfurt und von der Verwaltung skeptisch beäugt. Damit das Projekt gelingen konnte, war von Anfang an viel Aufklärungsarbeit nötig.

Vor 20 Jahren sprach außerhalb der Wissenschaft noch niemand von „Biodiversität“. Der Verlust der Artenvielfalt gelangte erst langsam ins öffentliche Bewusstsein. Und erst vor 3 Jahren schreckte eine Langzeitstudie über das dramatische Insektensterben die Bevölkerung auf. Demnach ist die Masse der Insekten seit 1989 in Deutschland um ¾ zurückgegangen.

Lieber Herr Dippell, Sie waren 1999 sehr weitsichtig: Sie sagten sich: wenn wir die Artenvielfalt in Deutschland erhalten wollen, müssen wir auch in den Großstädten Inseln für die Natur erhalten oder neu schaffen. Wenn wir die Artenvielfalt in Frankfurt erhalten wollen, müssen wir am Beginn der Nahrungskette ansetzen. Ohne Blüten und Verstecke keine Insekten; ohne Insekten keine Vögel und keine Bestäubung. Mit Ihren Blumenwiesen wurden Sie millionenfach zum Lebensretter für Bienen, Hummeln, Käfer, Spinnen, Falter und Schmetterlinge, und für alle Vogelarten, die auf artenreiche Wiesen angewiesen sind.

Die Anlage und Pflege einer Wildwiese ist allerdings gar nicht so einfach, wie man vielleicht denken möchte. Ökologisches Bewusstsein alleine reicht noch nicht, man benötigt auch ökologisches Wissen. Für den BUND kam nur heimisches Saatgut in Frage, das Sie inzwischen auch selbst auf den Wiesen gewinnen. Es ist wichtig, den richtigen Zeitpunkt für die Mahd zu bestimmen, so dass die Samen gerade reif sind. Und man sollte Wildwiesen nicht mulchen, sondern mit einem Mähbalken mähen. Das Mähgut kann dann noch einige Tage liegen bleiben, damit die Samen ausfallen, aber dann muss es entfernt werden, damit die Wiese nicht mit der Zeit zu nährstoffreich wird.

Dieses Wissen haben Sie über die Jahre an viele Freiwillige weitervermittelt, die sich um Wildwiesen in ganz Frankfurt kümmern. Und Sie wurden für unser Grünflächenamt zum wichtigen Mentor beim stadtweiten Wildwiesenprojekt.

Lieber Herr Dippell, ich freue mich mit Ihnen, dass all diese Pionierarbeit nun mit der Auszeichnung als Dekade-Projekt bundesweite Anerkennung findet. Sehr gerne überreiche ich Ihnen heute die Urkunde.

Sie haben mit den Wildwiesen einen bedeutenden Beitrag zur Umwelt und zur Lebensqualität in Frankfurt geleistet. Zugleich haben Sie mit Ihrer sympathischen Öffentlichkeitsarbeit großen Anteil daran, dass wir heute mit anderen Augen durch die Stadt gehen. Beim Anblick einer ökologischen Wiese geht heute vielen Bürger*innen das Herz auf; sie freuen sich über die bunte Vielfalt des Lebens.