Abbildung: Ausschnitt aus der Karte „Grüngürtel Frankfurt: Vision offener Grünräume“ im Ergebnisberichte Grüngürtel Planung 1991 (Seite 6), herausgegeben vom damaligen Umweltdezernenten Tom Koenigs, Stadt Frankfurt am Main.
Über 160 Bürgerinnen und Bürger sowie eine Reihe von Lokalpolitikern fanden sich zu diesem Info-Abend im Tassilo-Sittmann-Haus in der Nordweststadt ein, dem Sitz des Quartiersmanagements, benannt nach dem Architekten der „Gartenstadt“ Nordweststadt. Katja Klenner, Ortsvorsteherin, und Jan Goßmann, Vorsitzender von Brücke 71 e.V., sprachen Grußworte.
Die „Vision offener Grünräume“ der Grüngürtel-Planungsgruppe von 1990/91 war der Ausgangspunkt des Hauptvortrags von Wolf-Rüdiger Hansen vom BUND Frankfurt. Die Abbildung zeigt die zartgrün colorierten Flächen des Grüngürtels und die sich zur Region hin anschließenden hellbraunen „Grünzüge“. Dies ist eine besondere Karte, weil sie sich über die Stadtgrenzen hinaus bis ins Umland erstreckt, ohne dass die Umland-Kommunen befürchten mussten, Frankfurt wolle ihre Gemarkungen beplanen. Natur kennt keine politischen Grenzen. Die offenen Grünzüge dienen der Klimatisierung der Stadt und dem freien Übergang von Tieren und Menschen zwischen Stadt, Grüngürtel und umgebendem Grünland. Die Grüngürtelplaner wollten die Grünzüge auch in die Grüngürtelverfassung aufnehmen lassen, was ihnen leider nicht gelungen ist.
Die Grünzüge finden sich auch im aktuellen „Arten- und Biotopschutzkonzept (ABSK)“ sowie im „Klimaplanatlas“ der Stadt Frankfurt wieder. Die „Klimakarten“ sind besonders für den nordwestlichen Rand der Stadt Frankfurt bedeutsam, denn sie zeigen die hellblau markierten Kaltluftentstehungsflächen auf den zur Nidda abfallenden Grünzügen. Die hier in tropischen Nächten entstehende Kaltluft ist ein wichtiges Phänomen für die sommerliche Kühlung der nordwestlichen Vororte, so für die Nordweststadt, Heddernheim und Praunheim. Schon die Umweltdezernentin Rosemarie Heilig wies darauf hin, dass die Zahl tropischer Nächte getrieben durch die Klimaerwärmung stetig zunimmt. Die Grünzüge sind weiterhin im Regionalen Flächennutzungsplan enthalten, dem Basisdokument der regionalen Bauleitplanung, für die die Regionalversammlung – nicht Frankfurt (!) - verantwortlich ist. Die Markierung der Grünzüge dient hier dem Schutz vor Bebauung.
Was droht aber nun? Die Stadtplaner wollen das „Lachgrabenquartier“ des Neuen Stadtteils genau in den Grünzug „Vordertaunus“ hineinbauen, der keilförmig hangabwärts zwischen die Stadtteile Praunheim und Nordweststadt ragt – in Richtung Heddernheim und Nidda. Die Versiegelung des Grünzuges würde Kaltluftentstehung und -winde unterbinden. In tropischen Nächten herrschte Windstille, die heiße Tagesluft bliebe stehen.
Kaltluftwinde, die entlang der in verschiedene Richtungen verlaufenden Gefällelinien auch in die Bestandsquartiere „fließen“, und die damit verbundene Kühlung dieser Quartiere bliebe aus. Das Lachgrabenquartier würde auch nicht in den Genuss der Kaltluft kommen, die westlich der Autobahn auf den Feldern entsteht, denn die würde an der bis zu 17 Meter hohen Lärmschutzwand an der A5 gestaut – wie von einer Talsperre.
Deswegen beklagt der BUND Frankfurt, dass die Planung des Stadtteils der Quartiere einen Angriff auf die Hitzeresilienz bestehender und zukünftiger Stadtteile darstellt.
Mit dem Stadtteil der Quartiere werden auf dieser sensiblen Fläche Wohnungen für 17.000 Menschen sowie 5.000 Arbeitsplätze geplant, eine Größenordnung wie Nordweststadt oder Riedberg. Allein aufgrund dieser Größe fragen wir uns, ob das stadtplanerisch sinnvoll sein kann. 2017 wurde die Planung mit großem politischem Tamtam begonnen, nach acht Jahren sind von fünf Quartieren nur noch drei verblieben, weil die Bebauung der Fläche westlich der A5 auf Druck der Nachbarkommunen angepasst werden musste. Hätte diese Reduktion nicht im Sinne einer effizienten Planung schon zu Beginn vorgenommen werden können?
Fast das gesamte Planungsgebiet liegt im Wasserschutzgebiet Praunheim 2. Das ist unter Beachtung der Schutzgebietsverordnung möglich. Ausgeschlossen ist jedoch die Bebauung der Zone II um die Pumpen (Mindestabstands-Radius von 200 Metern). Was machen die Frankfurter Planer? Sie gehen bis auf 100 Meter an die Pumpe nahe der Ziegeleiallee heran. Das hat der RP Darmstadt bereits beanstandet. Solche Verletzungen von geltenden Bestimmungen oder Nichtbeachtung von Sachverhalten passieren immer wieder. Warum geht die Stadt den damit verbundenen Vertrauensverlust der Menschen ein? Warum fördert man so den Eindruck der Unaufrichtigkeit?
Für das Quartier „Produktives Praunheim“ würde in einigen Quartiersstraßen eine Lärmbelastung erwartet, die bis deutlich über 60 Dezibel ginge, was vom Bayerischen Landesamt als gesundheitsgefährdend ausgewiesen ist. Ursache des Lärms wäre die gemeinsame Verkehrsführung des Straßenverkehrs von und zu den neuen Quartieren, des Durchgangsverkehrs, einschließlich der Umfahrung von Praunheim, und der Schienen der Regionaltangente West (RTW) sowie der Verlängerung der U7. Nimmt man noch die in Planung befindliche Erweiterung der Autobahn auf 10 Spuren hinzu, dann würde man gerne wissen, wie auf diese Art lebenswerte Quartiere entstehen sollen.
Folgendes haben wir erst jüngst erfahren: Der Neue Stadtteil kann vorläufig gar nicht gebaut werden, denn seine Abwässer würden die Kapazität der Kläranlage in Niederrad unzulässig überschreiten. Was nun? Selbst wenn dieses Hindernis nicht existierte: Die Stadt muss jetzt eine Bebauungssatzung erstellen und durch die Stadtverordnetenversammlung bringen. Dann muss der Bebauungsplan erstellt und für die Bürgerschaft offengelegt werden. Danach können Betroffene Einwendungen erheben, die wiederum das Stadtparlament begutachten müsste. So gehen die Jahre dahin. Wir bleiben dran.
Abbildung: Ausschnitt aus der Karte „Grüngürtel Frankfurt: Vision offener Grünräume“ im Ergebnisbericht Grüngürtel Planung 1991 (Seite 6), herausgegeben vom damaligen Umweltdezernenten Tom Koenigs, Stadt Frankfurt am Main (280 Seiten). Darin auch das Kapitel 5.1: Entwurf der Beschlussvorlage für die Stadtverordnetenversammlung mit der Grüngürtel-Verfassung.