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Pressemitteilung: Könnten Kleingärten im Frankfurter Gallusviertel ein Angstraum für Radfahrer:innen werden?

16. August 2021 | Biodiversität, Kreisverband Frankfurt/Main, Lebensräume, Mobilität

Gallusviertel Kleingärten Blick nach Westen, Gartenpächter*innen, Andreas Laeuen (Die Grünen, Mitglied im Ortsbeirat 1), Wolf-Rüdiger Hansen (BUND).  (WR Hansen)

  • Für sieben Kleingärten wurden die Pachtverträge ohne nachvollziehbaren Grund gekündigt.

Frankfurt, 16. August 2021  -  Im Gallus-Viertel liegen sieben Kleingärten im „Grabeland“ auf der Frankenallee westlich des Homburger Damms, auf dem die Bahn nach Höchst fährt. Die Frankenallee ist hier unterbrochen. Aus dem Bahndamm schaut der vordere Teil eines steinernen Brückenbogens heraus, dessen Durchfahrt wie von einer großen Schlammlawine verschlossen ist. In dem Gebiet tummeln sich – wie von der Unteren Naturschutzbehörde bestätigt – Zaun- und Mauereidechsen. Diese Unterführung soll nun für den neuen Radweg von der Frankfurter Stadtmitte nach Höchst und weiter in Richtung Wiesbaden wieder geöffnet werden.

Westlich der Unterführung würde der Radweg auf einer Strecke von 80 Metern durch eine sieben Meter breite Schneise zwischen den Kleingärten hindurch verlaufen; dann vorbei an einem Spielplatz, einer mit alten Bäumen bestandenen kleinen Parkanlage, Parkplätzen und schließlich über die Schmidtstraße hinweg weiter gen Westen. Laut Stellungnahme des Magistrats und des Amtes für Straßenbau und Erschließung (ST 694 vom 22. März 2021) sei jedoch die sieben Meter breite Schneise zwischen den Gärten nicht breit genug für den Radweg. Deswegen müssten die Kleingärten beseitigt und „Im Sinne einer offenen Gestaltung“ zu „offenen Grünflächen mit Bepflanzung umgestaltet“ werden. „Diese werden dann der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.“ Die Pächter der Kleingärten protestieren jedoch gegen die Kündigung der Pachtverträge. Sie kämpfen für den Erhalt ihrer Gärten.

Keine nachvollziehbaren Gründe für die Absicht, die Kleingärten zu entfernen.

Der geplante Geh- und Radweg soll laut Ziffer 4 der Stellungnahme „durch das Grabeland … 3,00 Meter breit sein. Lediglich in der Unterführung beträgt die Breite 6,00 Meter.“ Der drei Meter breite Radweg würde also locker durch die Schneise zwischen den Gärten geführt werden können. Auf jeder Seite blieben zwei Meter Abstand zu den Zäunen und Toren der Gärten. Nicht einmal ein nach außen schwingendes Gartentor würde die Radfahrer stören oder gefährden. Warum sollen dann die Gärten verschwinden?

Mangels nachvollziehbarer Argumente führt die Stellungnahme des Magistrates auf Seite 2 diesen atemberaubenden Grund an: „Der Magistrat bedauert, die Pachtverträge für das Grabeland gekündigt haben zu müssen. Der wesentliche Grund dafür ist die soziale und psychologische Wirkung der neuen Geh- und Radwegunterführung unter dem Homburger Damm auf die Nutzerinnen und Nutzer.“ Und weiter: „Gärten stehen dieser offenen, übersichtlichen und damit auch sicheren Gestaltung im westlichen Bereich des Bahndamms entgegen.“ Bei einer Ortsbegehung sei von Seiten der Stadt sogar von Angsträumen zwischen den Gärten die Rede gewesen, berichten die Pächter:innen.

Dabei bezieht sich doch der Einwand der negativen „sozialen und psychologischen Wirkung“ auf die Bahnunterführung. Westlich davon würde der Radweg zunächst ca. 50 Meter über eine Freifläche führen und dann erst in die Schneise zwischen den Gärten münden. Eventuelle ungute Gefühle der die Unterführung passierenden Radler:innen dürften bis dahin verflogen sein. Der drei Meter breite Radweg in der sieben Meter breiten Schneise zwischen den Gärten dürfte jedenfalls keine negativen sozialen oder psychologischen Wirkungen auf die Radler:innen haben. Schließlich soll auch ein umfängliches Beleuchtungskonzept realisiert werden. Wenn das Angstraum-Argument stichhaltig wäre, dann müsste der Magistrat wahrscheinlich zahlreiche Radwege in Frankfurt stilllegen.

Ein schutzwürdiger Lebensraum für Zaun- und Mauereidechsen sowie weitere Arten.

Zaun- und Mauereidechsen tummeln sich an dem geschotterten Bahndamm. Die Untere Naturschutzbehörde hat bereits zaunartige Schutzfolien auf beiden Seiten der Unterführung angebracht, um die Eidechsen vor allem während der Bauphase des Durchstichs am Bahndamm zurückzuhalten. Aber die Eidechsen leben auch in den Gärten. Sie sonnen sich auf den Randsteinen entlang des Weges zwischen den Gärten und huschen quer über den Weg. Es ist fraglich, ob ihr dortiger Lebensraum erhalten bliebe, wenn die Gärten durch Wiese ersetzt würden.

Außerdem weisen die Gärten artenreiche Blühwiesenstücke auf. Sie sind Lebensraum für Fledermäuse, Grünspechte, Igel, Eichhörnchen und zahlreiche andere Tier- und Insektenarten. In den Gartenteichen leben Molche. Für das Stadtklima und den Artenerhalt sind diese Flächen erhaltenswert. Egal wie man es dreht und wendet, es gibt keine stichhaltige Begründung für die Beseitigung der Gärten.

Hinter den Gärten kämen hässliche Gewerbeflächen zum Vorschein.

Sollte die Stadt diese Absicht trotzdem umsetzen und statt der Gärten einfache Grasflächen anlegen, dann würde das die Artenvielfalt sicher erheblich reduzieren: Weiterhin wurde folgender Aspekt bisher wohl nicht in Betracht gezogen: Von dem Radweg aus hätte man freie Sicht über die Grasflächen hinweg auf die sehr hässlichen Gewerbeflächen, die bisher nord- und südlich hinter den Gärten verborgen sind. Müsste man vielleicht klären, wie negativ oder gar bedrohlich dieser hässliche Anblick für die Radler:innen wäre?

Die Pressemitteilung steht auch zum Download bereit. 

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