Frankfurt, den 22.12.2024
Von dem Interview mit Umweltamtsleiter Alexander Kehl vom 13.12.2024 hatten wir eine gewisse Aufbruchstimmung erwartet, zumal in diesem Jahr auch eine neue Umweltdezernentin angetreten ist. Leider Fehlanzeige. Die Antworten enthalten keine Hinweise auf konkrete Maßnahmen zur Wasserwirtschaft. Sie strahlen Zurückhaltung und Ambitionslosigkeit aus.
Unser Interesse ist besonders auf die Frankfurter Wasserwirtschaft gerichtet, die die Stadt in ihrem Wasserkonzept vom Juni 2021 umfassend dargestellt hat. Wir vom BUND Kreisverband Frankfurt haben dieses Konzept damals als wenig konkret und unambitioniert kritisiert und insbesondere greifbare Kennzahlen für die weitere Entwicklung vermisst. Das haben wir in unserer Stellungnahme vom 15. Juni 2022 detailliert begründet.
Im Interview wird die Frage gestellt, ob der neue Amtsleiter angesichts des seit Jahrzehnten andauernden Wasserkonfliktes schon Kontakte mit den behördlichen Instanzen im Vogelsberg und im Hessischen Ried aufgenommen habe. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein angesichts der seit Jahrzehnten andauernden Klagen der Menschen über immer öfter trockenfallende Bäche im Vogelsberg und über die an Wassermangel sterbenden Wälder im Hessischen Ried. Das hängt schließlich mit dem übermäßigen Wasserbezug der Stadt Frankfurt zusammen. Frankfurt fördert nur 25% seines Trinkwassers aus eigenen Wasserwerken, 75% kommen aus dem Umland.
Die Antwort des Umweltamtsleiters dazu: „Wir werden mal sehen“. Im nächsten Satz gar die klare Abfuhr: „.., dass die Stadt Frankfurt auf Wasser aus der Region verzichtet, ist so nicht zu erfüllen.“ Wenn nicht „so“, wie denn dann? Und weiter im Zitat: “Da sind wir auf dem Weg, und das haben wir mit dem Wasserkonzept gezeigt. Das soll nach fünf Jahren auch fortgeschrieben werden.“
Das ist seltsam: Im Wasserkonzept ist die Einrichtung eines Arbeitskreises angekündigt, der sich mit der Umsetzung von Maßnahmen befassen soll. Dieser Arbeitskreis wurde auch mehrfach einberufen, aber bisher – dreieinhalb Jahre (!) nach Veröffentlichung des Wasserkonzeptes 2021 – herrscht Schweigen über konkrete Arbeitsergebnisse oder gar Umsetzungsmaßnahmen. Was soll denn dann „fortgeschrieben“ werden? Der Status quo?
Nach über zwei Jahren könnte die Stadt auch Auskunft geben, welche im Zukunftsplan Wasser der Hessischen Landesregierung – veröffentlicht im Oktober 2022 - aufgelisteten Maßnahmen sie in ihrem Verantwortungsbereich zu ergreifen gedenkt.
Dieses Interview wäre eine gute Chance gewesen, konkrete Maßnahmen zur Steigerung des Eigenanteils der Frankfurter Trinkwasserversorgung anzusprechen. Angesichts des brüllenden Schweigens der Stadt, des Dezernats und des Amtes kommt man ins Grübeln, was denn die Ursachen für diese Tatenlosigkeit und den geheimnisvollen Schleier über dem Wasser-Arbeitskreis sein könnten.
Die Verantwortung für die Wasserwirtschaft ist über mehrere Dezernate und Ämter hinweg gesplittet. Schon Rosemarie Heilig, die ehemalige Umweltdezernentin, hat auf unsere beispielhafte Frage, wann denn die Stadt beginne, ein Schwammstadtkonzept – ein unter Stadtplanern allgegenwärtiger Begriff für die Nutzung von Niederschlagswasser - umzusetzen, auf das dafür zuständige Stadtplanungsdezernat verwiesen. Geht es um Wasserrückhaltung und Überschwemmungsvorsorge, dann wird man zum Verkehrsdezernat geschickt. Man könnte meinen, das Umweltamt mit seiner Unteren Wasserbehörde müsse wenigstens eine koordinierende Funktion in der städtischen Wasserwirtschaft einnehmen. Leider nicht.
Vor über einem Jahr haben wir uns über diese kontraproduktive Zersplitterung und mangelnde Koordination der Verantwortung für die Wasserwirtschaft bei Oberbürgermeister Mike Josef schriftlich beklagt und darauf hingewiesen, dass der Zustand der fragmentierten Verantwortung der Umsetzung allfälliger Maßnahmen in der Wasserwirtschaft im Wege stehe. Die Antwort hat er dem Umweltamt überlassen, also einem der Verantwortungsfragmente. Von dort erhielten wir einen beschwichtigenden Brief mit dem Hinweis, dass alles im Arbeitskreis in guten Händen sei. Das aktuelle Interview erinnert sehr an dieses Schreiben.
Weiterhin möchten wir auf die etwas abfällige Bemerkung des Amtsleiters zur Möglichkeit der Substitution von Trinkwasser durch Brauchwasser eingehen: Natürlich denkt niemand daran, Brauchwasser zum Kochen oder zur Körperpflege zu verwenden. Aber wenn das Grünflächenamt dazu angehalten würde, städtische Grünflächen engagierter als bisher mit Brauchwasser zu gießen, wenn das in Baugruben eingedrungene Wasser nicht einfach über die zahlreichen lila Rohre entlang der Bürgersteige in den Main gepumpt würde, sondern als Brauchwasser genutzt würde, wenn das Stadtplanungsamt in Bebauungsplänen von Investoren verlangen würde, Niederschlagswasser in Zisternen aufzufangen und für die Toilettenspülung bereitzustellen, dann könnte die Stadt eine Menge Trinkwasser einsparen und den Bezug aus dem Umland entsprechend reduzieren. Gegen diesen Gedankengang scheint das Umweltamt aber immun zu sein.
Der Amtsleiter verweist stattdessen auf die Wassersparkampagne, die sich an die Bürgerschaft richtet und nach Veröffentlichung des Wasserkonzeptes von Frau Heilig veranlasst wurde. Dafür wurden 350 Plakate auf Frankfurter Litfaßsäulen geklebt, wie Frau Heilig der Stadtverordnetenversammlung berichtete. Zugegeben, mit weniger Wasserverbrauch beim Duschen und Händewaschen können einige Liter Wasser täglich gespart werden. Aber wenn wenigstens in Neubauten die Toiletten mit Brauchwasser versorgt würden, dann könnten ca. 25 Liter pro Person täglich eingespart werden. Die dafür notwendigen Leitungssysteme können Menschen in Mietwohnungen jedoch nicht selbst montieren, da hilft auch die Plakataktion nicht.
Rüdiger Hansen vom BUND hat damals Frau Heilig gesagt, dass diese Sparkampagne der Bürgerschaft gegenüber unredlich sei, solange die Stadt nicht aufzeigt, welche wirksamen Sparmaßnahmen sie in ihrem Verantwortungsbereich realisiert.
Auch nach diesem Interview bleibt die Frage unbeantwortet, wann die Stadt Frankfurt endlich Aktivitäten hin zu einer resilienten und klimagerechten Wasserwirtschaft ergreift, auch mit dem dringlichen Ziel, ihre Trinkwasser-Gewinnungsgebiete im Umland zu entlasten.
Kontakt: Wolf-Rüdiger Hansen, Mitglied des Vorstands, BUND Kreisverband Frankfurt
Mobil: 0171 2257 520 - E-Mail: ruediger.hansen(at)bund-frankfurt.de
Geschäftsstelle: Kasseler Str. 1a, 60486 Frankfurt am Main - Telefon: 069 979 489 68
E-Mail: geschaeftsstelle(at)bund-frankfurt.de - www.bund-frankfurt.de
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Link auf das Wasserkonzept 2021: www.stvv.frankfurt.de/parlisobj/B_63_2022_AN1.pdf
Link auf die BUND-Stellungnahme des BUND Frankfurt zum Wasserkonzept 2021 vom 15.06.2022: https://www.bund-frankfurt.de/fileadmin/frankfurt/Pressemitteilungen/2022/20220615_BUND-FFM_Stellungnahme_zum_Wasserkonzept-final.pdf
Link auf das FR-Presseinterview mit Alexander Kehl: https://www.fr.de/frankfurt/frankfurter-bund-kritisiert-wasserwirtschaft-93484531.html