Kreisverband Frankfurt
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Krötenwanderung 2022

Immanuel Kant und die Kröten im Niedwald

Achtung! Krötenwanderung Achtung! Krötenwanderung  (© Momo_2210 / pixabay)

Krötenzäune! Krötenzäune! Krötenzäune! Ach, geh fort. Es ist eigentlich jedes Jahr das Gleiche. Wir vom BUND Frankfurt, OV West, bauen im Frühjahr Krötenzäune auf, um zu verhindern, dass ca. tausend Kröten pro Jahr auf der Oeserstraße in Frankfurt Nied den Verkehrstod sterben. Die wollen nämlich von der südlichen Seite der Oeserstraße auf die nördliche wechseln, um dort in einem ehemaligen Altarm der Nidda abzulaichen. Denn dort, wo sie geboren wurden, wollen sie auch ihre Nachkommen zur Welt bringen.

Und doch, dieses Jahr war etwas anders. In früheren Jahren begab es sich, dass sich die Mitglieder des Ortsverbandes West morgens in den Niedwald aufmachten, Heringe in den Boden hauten, Eimer einbuddelten und den grünen Zaun spannten. Mittlerweile hat das Projekt auch viele Freiwillige angelockt, die uns über Jahre die Treue halten und immer wieder mithelfen, Danke Euch.

Aber dieses Jahr kamen so viele Helfer wie noch nie. Unter ihnen auch Teilnehmer*innen der Vielfalter, die Kindergruppe des OV West, mit engagierten Eltern. Eine tolle Schar übrigens, schon beim Weihnachtsmarkt waren sie Höchst (!!) erfolgreich und beim Krötenzaun inspirierten sie mit ihrem Enthusiasmus und ihrer Energie die anderen vielen Mithelfer*innen.

Und dann geschah dieses Jahr noch etwas. Es kamen zum ersten Mal ein paar Spaziergänger*innen vorbei und bemerkten, man solle den Kröten doch ihre Freiheit lassen, sie nicht mit Zäunen und Eimern gängeln. Nun, zugegeben, wir stellen den Kröten den Zaun in den Weg. Doch der Zaun ermöglicht den Kröten ein freies Leben, es ist kein normaler Zaun, er ist Teil einer Brücke, die nicht trennt, sondern verbindet, ein dialektischer Zaun. „Oh je“, sagen die Spaziergänger*innen „Geht es auch eine Nummer konkreter?“ Gut, also man könnte argumentieren, dass die Kröten mit ihrem Amphibienhirn noch nicht in der Lage seien, Gefahr für Leib und Leben zu erkennen. Ja, das Krötengehirn ist eigentlich nicht mehr als ein Stück verdicktes Rückenmark, nicht viel mehr als das Stammhirn. Also wissen die Tiere nicht, was sie tun. Wir müssen für sie denken. Wir wissen, was gut für sie ist. Die Spaziergänger*innen hatten eine solche Argumentation erwartet.

Doch halt, darum geht es ja gar nicht. Es ist egal, zu welchen Gedanken die Kröten fähig sind. Und, wer weiß? Vielleicht haben sie auch einen Plan. Vielleicht sind sie schlauer als wir denken? („Autoverkehr“ so ahnen sie, „alles nur vorübergehend“) Nein, die Evolution kommt anders ins Spiel. Etwa so: Durch das Aufblähen unserer Großhirnrinde über die Millionen von Jahren, wurden wir immer besser befähigt, abstrakt zu denken, zu planen und sozial zu handeln. Wir entwickelten Empathie. Diese zielt vielleicht primär auf unsere Artgenossen*innen ab, aber eben auch auf andere Wesen dieser Erde... mitunter, bei manchen Menschen, ach, bei doch eigentlich fast allen. So wird ein Schuh draus, bzw. ein Zaun. Also: „Lieber Tot als Sklav*in?“ Dann wirklich tot, denn die platt gefahrenen Amphibien sind Fakt. Der Zaun aber überwindet den Widerstand gegen das freie Wandern Richtung Grill'scher Altarm.

Die Spaziergänger*innen blieben skeptisch. Das ist ihr gutes Recht. Mittlerweile war es ruhig geworden im Niedwald. Plötzlich stand ein uralter Mann neben mir. Er sprach: „Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir“ Das hatte er schön gesagt, auch so schön altmodisch. Als ich ihn fragen wollte, wovon er da redete, war er auch schon verschwunden. Doch etwas hing noch in der Luft, und ich meine nicht den Geruch des Bärlauchs, es war.....der alte Geist der Aufklärung.

 

Christian Haak, Leiter die Kindergruppe des BUND Frankfurt West "Die Vielfalter".


 

Krötenwanderung 2017

Krötenkäfige Krötenkäfige  (© Jutta Erich)

In diesem Jahr wurde der Krötenzaun am 23.02.2017 und am 25.02.2017 aufgebaut. Die Krötenwanderung begann am 23.02.2017. Im Gegensatz zu den Vorjahren war sie jedoch sehr kurz und endete schon am 26.03.2017. Die Hauptwanderung war im Jahr 2017 vom 5. März bis zum 10. März und vom 15. März bis zum 19. März. Die Krötenpopulation hat sich im Jahr 2017 mit 877 lebenden Tieren weiter stabilisiert.

Nachdem wir in den letzten Jahren immer wieder überfahrene Tiere auf der Oeserstrasse gefunden haben wurden verschiedene Optionen zur Verbesserung der Situation geprüft.

Im Jahr 2009 wurde vom Forschungsinstitut Senckenberg eine Stellungnahme zur Erdkrötenwanderung mit der Empfehlung für den Bau einer festen Amphibienleiteinrichtung mit Querungshilfen erstellt. Die Vorschläge zum Bau einer solchen Einrichtung wurden durch die Untere Naturschutzbehörde geprüft und als zu teuer abgelehnt.

Im Weiteren wurde der Bau eines Ersatzgewässers ebenfalls geprüft. Die Wasserqualität eines bereits bestehenden Gewässers wurde untersucht und dieses nach Befund der Eignung als Laichgewässer im Anschluss in Teilbereichen vertieft. Somit ist garantiert, dass das Gewässer nicht trocken fällt.

Im Jahr 2017 wurden Holzkäfige mit Metallgittern durch den BUND gebaut und in das Gewässer eingebracht. Insgesamt 61 „Doppeldecker“ (Krötenmännchen auf Krötenweibchen) wurden an 4 Terminen von Andreas Malten (Institut Senckenberg) aus den Eimern entnommen und in die Käfige eingesetzt. Die restlichen 816 Kröten wurden von Ehrenamtlichen des BUND, wie die Jahre vorher, über die Straße getragen.

Nach dem Ablaichen wurden die Kröten wieder in die Freiheit entlassen. Wir konnten beobachten, dass sich Laich und Kaulquappen entwickelten. Nun sind wir gespannt, wie das neue Gewässer langfristig angenommen wird.

Das Umsiedeln der Köten wird vom Umweltamt der Stadt Frankfurt begleitet und überwacht.


Jutta Erich, Ortsverband Frankfurt-West