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Stadtplanung im Frankfurter Nordwesten

Blick über die Flur im Nordwesten in Richtung City. Foto: Rüdiger Hansen

Planung des Neuen Stadtteils der Quartiere im Frankfurter Nordwesten

Die Stadt Frankfurt plant im Frankfurter Nordwesten zwischen der Nordweststadt, Praunheim und den Nachbargemeinden Steinbach und Weißkirchen den neuen Stadtteil der Quartiere zu bauen, auch genannt "Josefstadt". Dafür ist ein Untersuchungsgebiet von 550 Hektar festgelegt worden. Innerhalb dieses Gebietes ist eine Baufläche von 190 Hektar beiderseits östlich und westlich der Autobahn A5 für 12.000 Wohnungen und 30.000 Bürger vorgesehen. Der Beschluss M176 zur Durchführung der ca. zweijährigen Vorplanung Voruntersuchung wurde am 14.12.2017 im Stadtparlament gefasst. Inzwischen wurde die Voruntersuchung auf vier Jahre bis Ende 2021 verlängert.

Stadtteil der Quartiere. Bild: Stadtplanungsamt Frankfurt 2019

Das Bild zeigt die Quartiere, die baulich entwickelt werden sollen (hellgelbe Flächen) - umgeben von grünen Flächen: Grünzüge und Bachauen von Steinbach, Urselbach sowie Lachgraben. Die gesamte geplante Baufläche ist im Regionalen Flächennutzungsplan (RegFNP) der Bebauung entzogen - mit Auflagen wie: Grünzüge. Klimaflächen, landwirtschaftliche Vorzugsfläche u.a. Der RegFNP ist Bestandteil der Bauleitplanung und wird von der Regionalversammlung Südhessen bzw. dem Regionalverband gepflegt: www.region-frankfurt.de. Die Kommunen einschl. Frankfurt können nur auf Flächen bauen, die im RegFNP dafür freigegeben sind. Also muss Frankfurt eine Mehrheit in diesem Parlament aufbringen, um eine Änderung des Planes zugunsten der Bebauung herbeizuführen. Jedoch sind die Umlandkommunen mit der Frankfurter Planung für diese Quartiere nicht einverstanden. Das zeigte sich auch in der letzten Sitzung des Regionalparlamentes am 13. Dezember 2019. Das gesamte Projekt ist auf der Homepage des Stadtplanungsamtes beschrieben: www.stadtplanungsamt-frankfurt.de

Anfang 2020 hat das Stadtplanungsamt sieben Architektenbüros beauftragt, Studien für die Gestaltung der Quartiere anzufertigen. Die Zwischenergebnisse der Studien wurden im Rahmen der Bürgerbeteiligung im Mai 2020 im Internet veröffentlicht unter www.FFM.de. Dort sind auch Kommentare von Bürgern einsehbar, die bis 3. Juni eingegeben werden konnten.

Ursprüngliche Flurkarte des Stadtteils der Quartiere – Stadtplanungsamt 2017

Auf diesem Bild von 2017 ist die geplante Baufläche weiß markiert. Die Gliederung in Quartiere wurde erst in 2019 vorgenommen. Nachfolgend einige Bedingungen, die der Planung dieses Stadtteils im Wege stehen und die auch im regionalen Flächennutzungsplan vermerkt sind:

1. Beidseitig 400 Meter Abstand von Höchstspannungsleitungen

Die geplante Baufläche wird von der Autobahn A5 und drei Hoch- bzw. Höchstspannungsleitungen geschnitten. Die Höchstspannungsleitung mit 380 KV verläuft östlich entlang der Autobahn. Laut Vorschrift im Landesentwicklungsplan (LEP) muss eine Wohnbebauung davon 400 Meter Abstand halten. Eine Hochspannungsleitung mit 110 KV verläuft im spitzen Winkel dazu auf der westlichen Seite der Autobahn. Hier ist ein geringerer Abstand vorgesehen. Die Abstandskorridore sind auf der Flurskizze transparent rot markiert. Diese Korridore reduzieren die weiß markierte geplante Baufläche signifikant. Eine weitere Leitung mit 110 KV verläuft östlich der Autobahn direkt neben der 380 KV-Leitung. Ihr Abstandskorridor ist deswegen hier nicht relevant.

2. Das Wasserschutzgebiet Praunheim II überdeckt einen großen Teil des Baugebietes

In diesem Wasserschutzgebiet (blau markiert) arbeiten neun Pumpen für die Trinkwasserversorgung der Stadt Frankfurt, insbesondere für den Spitzenbedarf. Frankfurt bezieht 80% des Trinkwassers aus dem Umland, insbesondere aus dem Vogelsberg und dem Hessischen Ried. Im Vogelsberg ist das Wasser im letzten Sommer schon so knapp geworden, dass Trinkwasser mit Tanklastern herbeigeschafft werden musste. Nur 20% des Frankfurter Trinkwassers kommen aus eigenen Quellen. Deswegen dürfen diese Quellen nicht gefährdet werden.  

3. Die gesamte Baufläche weist einen extrem fruchtbaren Lehmlössboden auf.

Dieser über 3 Meter tiefe Lehmlössboden kann bis zu 350 Liter Wasser pro Quadratmeter speichern. Das hat im Sommer 2018 dazu geführt, dass hier der Ernteausfall nur bei ca. 10% lag, während weniger fruchtbare Regionen 30% und mehr Ernteausfall erlitten. Deswegen ist diese Flur im Regionalen Flächennutzungsplan (RegFNP) als "landwirtschaftliche Vorzugsfläche" von der Bebauung ausgenommen. Das Bild zeigt ein in den Boden gegrabenes Loch, in dem ein landwirtschaftlicher Sachverständiger die Qualität des Bodens erläutert.

Statement zur hohen Qualität des Lehmlössbodens im Frankfurter Nordwesten.

4. Kaltluftentstehungsgebiet und Lärmschutzdilemma

Die Baufläche ist ein Kaltluftentstehungsgebiet, das versiegelt würde. Es sorgt heute für die "kleinen" nächtlichen Winde, die für die Abkühlung und Frischluftzufuhr in den nordwestlichen Frankfurter Stadtteilen von großer Bedeutung sind. Das Umweltamt prognostiziert ohnehin, dass die sommerliche Durchschnittstemperatur in der Stadt um 5 Grad steigen wird. Damit erreicht sie Ausmaße wie in Mailand. Deswegen müssen solche Kaltluftgebiete erhalten bleiben.

Die A5 ist eine der meistbefahrenen Autobahnen in Deutschland. Die Lärmschutzwälle müssten beidseitig eine Höhe von bis zu 12 Metern erreichen. Damit droht ein Dilemma für die Neubürger des Stadtteils: Sie können nur entweder frische Luft oder eine hohe Abschirmung des Lärms erhalten. Das bedeutet, dass die Höhe des Lärmschutzwalls voraussichtlich verringert werden muss, um die Winde nicht zu stark zu blocken. Siehe auch BUND-Pressemeldung zum Lärmschutzdilemma vom 26. Juli 2018.  

"Wohnen unter Höchstspannung"

Am 12.2.2019 führte der BUND Frankfurt unter dieser Überschrift im Titusforum in der Frankfurter Nordweststadt vor über 100 interessierten Bürgern eine Informationsveranstaltung durch, um über die Bedeutung der Hoch- und Höchstspannungsleitungen und die damit verbundenen gesundheitlichen Risiken zu informieren. Dabei ging es besonders um die oben dargestellten Abstände, die im Hessischen Landesentwicklungsplan (LEP), der im Jahr 2018 im Landesparlament beschlossen wurde, verbindlich festgelegt sind. Diese Abstände führen dazu, dass der von der Stadt Frankfurt geplante Stadtteil im Nordwesten nur mit großen Einschränkungen realisiert werden könnte. Das Stadtplanungsamt jedoch wehrt sich gegen diese Vorschrift und möchte den Abstand mit der Hilfe von Gutachtern selbst ermitteln. Ihr Versuch, diese Regel vor der Verabschiedung des LEP im Landesparlament abzuschwächen, ist jedoch nicht gelungen.

Das Expertenreferat auf dieser Informationsveranstaltung hielt der Physiker Dr. Werner Neumann. Er ist der ehemalige Leiter des Energiereferates der Stadt Frankfurt und heute Mitglied im Landesvorstand des BUND Hessen. Er erläuterte die große Bedeutung der Hochspannungsleitungen in Bezug auf die Energiewende und verwies auf die Details zahlreicher wissenschaftlicher Gutachten, die sich mit den gesundheitlichen Risiken solcher Leitungen befassen. Hier folgt der Programm-Flyer und Dr. Werner Neumanns Foliensatz zum Download als PDF.

>>> Download: Programmflyer <<<

>>> Download: Neumann-Vortrag <<<

Das Fazit des Vortrages: Eine endgültige Sicherheit über den notwendigen Abstand gibt es nicht. Jedoch hat sich die 400-Meter-Regel in anderen Bundesländern und auch international etabliert als ein Wert, der ein risikofreies Wohnen in der Nähe von Höchstspannungsleitungen sicherstellt. Deswegen sollte sich auch die Stadt Frankfurt zum Wohle ihrer Bürger daran halten.

Nachfolgend weitere Aspekte, die der geplanten Bebauung dieser Flur im Frankfurter Nordwesten entgegenstehen und die auch im regionalen Flächennutzungsplan aufgeführt sind: Klimaschutzfunktion, insbesondere Kaltluftentstehungsgebiet; Wasserschutzgebiet Praunheim II; landwirtschaftliches Vorranggebiet; Regionalparkkorridor. Weiterhin wären bei einer Bebauung entlang der A5 Lärmschutzwälle notwendig, die die verbleibende Kaltluftzufuhr zusätzlich blockieren würden: das sogenannte Lärmschutzdilemma.