- Der Tunnel ist Teil des verfassungswidrigen Bundesverkehrswegeplans.
- Er widerspricht der ethischen Forderung nach Vorsorge für zukünftige Generationen.
- Er konterkariert die geplante parallel verlaufende nordmainische S-Bahn-Linie.
Frankfurt, 18. November 2021 - Die Planung des Riederwald-Tunnels im Frankfurter Osten begann vor über 50 Jahren, als die Verkehrsplaner noch von der „Ideologie der autogerechten Stadt“ - so die Frankfurter Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (F.A.Z vom 11.11.2021) - fasziniert waren. Zu dieser Zeit war die Klimakatastrophe noch kein Thema. Der Tunnel steht im Bundesverkehrswegeplan, der laut einem Rechtsgutachten, das der BUND Hessen eingeholt hat, verfassungswidrig ist, denn er beschreibt nicht, wie mit den darin aufgeführten Projekten die Klimaziele erreicht werden sollen (BUND Hessen Pressemeldung vom 07.10.2021). Diese Gefährdung hat folgende Gründe:
- Der hohe CO2-Ausstoß solcher betonintensiven Baumaßnahmen.
- Die deutliche Steigerung des motorisierten Individualverkehrs (MIV), die erfahrungsgemäß durch eine neue Autobahn bis nach Frankfurt hinein generiert und die Ziele der Verkehrswende konterkarieren würde.
- Die Fehlallokation eines Budgets von ca. 500 Millionen Euro in ein Projekt der Vergangenheit, das besser in die Erweiterung des ÖPNV investiert würde, so für den Bau der parallel zur A66 geplanten nordmainischen S-Bahn nach Hanau. Die könnte einen Großteil des Pendlerverkehrs auf dieser Strecke übernehmen.
Der blinde Fleck des verfassungswidrigen Bundesverkehrswegeplans
Wegen der laut Rechtsgutachten gegebenen Verfassungswidrigkeit des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) müssten Planung und Bau hessischer Autobahnprojekte sofort gestoppt werden. Der Plan missachtet die Belange des Klimaschutzes entsprechend dem Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.04.2021. Der BUND Hessen fordert daher die Landesregierung auf, Autobahn-Neu- und Ausbau-Projekte schnell zu stoppen und mit Blick auf alle Klima- und Naturschutzaspekte neu zu bewerten. Auch Antje von Broock, Geschäftsführerin beim BUND Berlin, lässt verlauten, der BVWP „sei mit dem Grundgesetz unvereinbar, das den Staat verpflichte, auch die Lebensgrundlagen künftiger Generationen zu schützen.“ (BUND Magazin 04/21 Seite 6.)
Der Riederwald-Tunnel ist formaljuristisch nicht von dieser Forderung betroffen, weil für ihn seit einem Jahr Baurecht besteht. Aber er wird natürlich vom gleichen Umweltdilemma überschattet wie baurechtlich noch ungesicherte Vorhaben. Auch dieser Tunnel wäre weder mit dem Grundgesetz noch mit den aktuellen Zielen von Klimaschutz und Verkehrswende verträglich. Diese Einschätzung wird auch durch ethische Erwägungen unterstützt. Die Umweltethikerin Dr. Uta Eser äußerte sich auf der Landesnaturschutztagung des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie am 16.11.2021 in Gießen wie folgt: „Das verfassungs- und menschenrechtlich anerkannte Grundrecht auf eine gesunde Umwelt muss Folgen für die planerische Abwägung haben. Straßenbauprojekte, die einer nicht zukunftsfähigen Form der Mobilität dienen, müssen erneut auf den Prüfstand, denn sie gefährden die Lebensgrundlagen künftiger Generationen.“
Für den Tunnel müssten 2,7 Hektar des Fechenheimer Waldes mit alten Bäumen gefällt werden, der zum geschützten Frankfurter Grüngürtel gehört. Laut dem soeben herausgegebenen Frankfurt Arten- und Biotopschutzkonzept ist dies eine wertvolle Naturfläche. Eine Fällung würde nicht nur diese Fläche, sondern auch die umgebenden Naturflächen nachhaltig schädigen.
Es ist weiterhin unverständlich, wieso der gigantische Riederwald-Tunnel mit dreispurigen Fahrbahnen in beide Richtungen noch so realisiert werden soll. Es steht doch der Baubeginn der parallel dazu verlaufenden nordmainischen S-Bahn bevor - mit zwei neuen Bahngleisen von Frankfurt nach Hanau (www.nordmainische-s-bahn.de). „Diese S-Bahn würde einen großen Teil der Pendler auf dieser Strecke übernehmen können und somit wesentlich dazu beitragen, Frankfurt zu einer autoarmen und klimagerechten Stadt zu machen.“, betont Wolf-Rüdiger Hansen, Mitglied des Vorstands beim BUND Kreisverband Frankfurt.
Forderung nach Verzicht auf Spurerweiterungen für den Frankfurter Autobahnring
Der überdimensionierte Riederwald-Tunnels würde viel zusätzlichen Autoverkehr generieren, der über den Frankfurter Autobahnring (A661, A3, A5) zu- und abgeleitet werden müsste. Daraus ergäbe sich die Notwendigkeit, auch den Autobahnring auf bis zu 10 Spuren zu erweitern. So ziehen Kapazitätserweiterungen für den motorisierten Individualverkehr krakenhaft immer neue Kapazitätsanforderungen nach sich. Teile dieses zusätzlichen Verkehrs würden auch das innerstädtische Verkehrsvolumen erhöhen. Die Frankfurter Bürger lehnen diese Entwicklung ab.
Die Ziele für eine klimagerechte und autoarme Stadt Frankfurt, den motorisierten individuellen Verkehr im Rahmen der Verkehrswende zurückzudrängen und der im Grundgesetz gebotenen Vorsorge für zukünftige Generationen gerecht zu werden, würden so konterkariert. Der Tunnel wäre eine Art übriggebliebener Dinosaurier aus der Zeit der Verherrlichung des Autoverkehrs.